
Ein Gespräch mit Teammanager André Frerichs über sportliche Entwicklung, strukturelle Herausforderungen und die Rolle des Handballs in Wolfsburg.
André, ihr habt euch vergangenes Jahr souverän für die neu geschaffene Regionalliga qualifiziert. Wie fällt das sportliche Fazit nach der Premierensaison aus?
Frerichs: Ich denke, die Ergebnisse der ersten Saison in der Regionalliga zeigen ganz klar, dass wir in dieser Liga absolut richtig sind. Wir hatten zu Beginn einige Probleme, keine Frage – aber eben auch enge Spiele gegen Topteams, in denen wir gezeigt haben, dass wir auch auf diesem Niveau mithalten können. Am Ende haben wir es aber leider zu häufig verpasst, diese engen Partien auf unsere Seite zu ziehen. Genau da unterscheiden sich die Mannschaften, die ganz oben mitspielen, vom restlichen Feld.
Unser Ziel war ein Platz unter den ersten sechs – mit Rang acht sind wir etwas dahinter geblieben, aber gemessen an den vielen Veränderungen war das eine absolut ordentliche Leistung.
Was genau meinst du mit Veränderungen?
Frerichs: Wir hatten vor und während der Saison mehrere Rückschläge zu verkraften. Es gab nicht nur personelle Wechsel im Kader, sondern auch zwei Trainerwechsel. Das sorgt natürlich dafür, dass sich eine Mannschaft erstmal neu sortieren muss – Rollen müssen verteilt, Hierarchien neu gefunden werden. Gerade in einer ausgeglichenen Liga, in der Nuancen über Sieg oder Niederlage entscheiden, ist das eine echte Herausforderung. Umso höher ist es einzuschätzen, dass wir die Klasse souverän gehalten und phasenweise gezeigt haben, was in uns steckt. Mit etwas mehr Konstanz und dem nötigen Spielglück wäre auch mehr drin gewesen.
Wie blickst du auf die letzten 10 Jahre Handball in Vorsfelde zurück?
Frerichs: Seit dem Abstieg 2014 aus der 3. Liga haben wir uns eigentlich nie verstecken müssen. Jahr für Jahr waren wir fester Bestandteil der Oberliga-Spitzengruppe, konnten Vizemeisterschaften feiern, waren fast durchgängig unter den Top5 zu finden und in Schlagdistanz zur Tabellenspitze. Doch der ganz große Wurf blieb uns ein ums andere Mal verwehrt – es gab immer wieder Mannschaften die uns etwas voraus waren. Gerade in den großen Spielen gegen direkte Konkurrenten sind wir oftmals leer ausgegangen und haben hier und da auch unnötig Punkte gegen vermeintlich schwächere Gegner liegen lassen.
Jetzt haben wir wieder einen größeren Umbruch hinter uns – nur drei Spieler im Kader sind über 30 Jahre alt, trotzdem haben wir viel Erfahrung und Qualität in Kader. Es ist eine gute Mischung aus erfahrenen Leuten und hungrigen, jungen Spielern. Unser Ziel bleibt, mittelfristig den Sprung nach oben zu schaffen, daran arbeiten wir – aber wie wir wissen, ist es nicht wirklich planbar.
Wie siehst du die Entwicklung des Vereins abseits des Spielfelds?
Frerichs: Wir sind seit Jahren das sportliche Aushängeschild im Wolfsburger Handball – ohne Skandale, ohne finanzielle Schieflagen. In einer Zeit, in der es vielen Vereinen schwerfällt, solide zu arbeiten, sind wir stolz darauf, was wir auf die Beine gestellt haben. Der Zuschauerschnitt liegt zwischen 350-400 Zuschauern, je nach sportlichem Erfolg hatten wir in den Spitzenspielen auch über 1.000 Leute in der Halle. Das zeigt, welches Potenzial Handball in Wolfsburg haben kann – als drittes sportliches Event neben Fußball und Eishockey.
Leider fehlt uns abseits des Spielfelds an einigen Stellen die nötige Manpower. Ob Spieltagsorganisation, Hallenzeiten oder andere organisatorische Themen – es gibt immer wieder neue Herausforderungen, die wir irgendwie auffangen. Dabei wünschen wir uns einfach etwas mehr Unterstützung, mehr Bereitschaft mit anzupacken und ein bisschen mehr Wertschätzung für das, was hier geleistet wird.
Wie steht es um das Thema Sponsoring und wirtschaftliche Perspektive?
Frerichs: Wir sind im Sponsoring sehr breit aufgestellt, was uns unabhängiger macht – aber das bedeutet eben auch viel Arbeit. Jeder Unterstützer ist hart erkämpft. Natürlich wissen wir, dass die wirtschaftliche Lage auch in Wolfsburg nicht einfacher geworden ist. Trotzdem gibt es nach wie vor viel Potential an möglichen Partnern in der Stadt und im Umland – und wenn man sieht, mit welchem Budget man in der 3. Liga eine gute Rolle spielen könnte, dann ist das in einer Stadt wie Wolfsburg eigentlich machbar. Die 3. Liga wäre ein realistischer, aber auch ambitionierter Schritt. Wir waren schon einmal da und sind damals nur knapp gescheitert. Sollte uns dieser Sprung mittelfristig wieder gelingen, wollen wir dieses Mal besser vorbereitet sein. Mit dem richtigen Partner an der Seite, könnte es natürlich auch schneller gehen.
Auch die Jugendarbeit ist wieder stärker in den Fokus gerückt, richtig?
Frerichs: Absolut. Vor knapp fünf Jahren haben wir angefangen, die Jugendarbeit gezielt neu aufzubauen. Das lag vorher eine Zeit lang ziemlich brach, ohne echte Führung. Inzwischen haben viele ehemalige oder aktive Spielerinnen und Spieler Verantwortung in den Nachwuchsteams übernommen – das trägt jetzt erste Früchte. Jonas Wagner ist nach langer Zeit wieder ein echtes Eigengewächs im Kader der Ersten. Natürlich ist der Sprung in die Erste nicht leicht, aber das ist auch gar nicht der alleinige Anspruch. Es geht darum, auch die Basis breiter aufzustellen – für die anderen Seniorenmannschaften im Frauen- und Herrenbereich sowie perspektivisch natürlich für die Erste. Wir sind da noch lange nicht am Ziel, aber die Richtung stimmt.
